Einfach machen - Eine Geschichte voller Missverständnisse
Es war einmal, vor ein paar Jahrzehnten, in einer norddeutschen Großstadt. Mein Vater sollte mir eine Garage für ein Spielzeugauto bauen. Wie er das machen solle, fragte er. Mein Vater kann alles reparieren. Kann das denn echt so schwer sein, eine Garage zu bauen? Ich musste doch nur aus dem Küchenfenster auf den Hof sehen, da stand eine perfekte Garage. Wenn ich eine Garage für mein Spielzeugauto haben möchte, dann genau so eine. Nur halt kleiner, damit sie in mein Zimmer passt, aber eben nicht so klein, dass das Spielzeugauto nicht mehr reinpasst. Das ist doch total selbstverständlich. Mir blieb also nur eine Antwort:
"Einfach machen!"
Erwachsene können so anstrengend sein. Was ist an "ich brauche eine Garage für dieses Auto" nicht zu verstehen? Wie sollte ich es ihm nur erklären? In meinem Kopf war das Bild der Garage fertig.
Die Garage ist bis heute nicht gebaut, das Auto ist in irgendeiner Spielzeugkiste gelandet und vergessen.
Zurück in die Gegenwart. Kunden kommen zu uns und möchten, dass wir ihnen etwas bauen. Kein Problem, das machen wir aus Überzeugung gerne. Was soll es denn sein?
Alte Hasen ziehen entspannt ein Lastenheft aus der Tasche, in dem so ziemlich alles steht, was wir wissen müssen: Betonboden, Wände aus Wittmunder Klinker, Flachdach mit Photovoltaik-Anlage, ziegelrotes, elektrisches Rolltor mit App-Steuerung, Seitentür zum Haus, Platz für zwei Fahrränder und eine Ladestation für das E-Auto.
Andere wissen zwar, dass sie so etwas wie eine Garage brauchen, aber nicht, wie sie die bauen sollen.
Wieder andere Kunden suchen nur eine Lösung für das Problem, dass ihr Laternenparker-Auto in Norddeutschland entweder nass oder zugefroren ist, und erwarten, dass wir ihnen etwas passendes, möglichst kostengünstiges vorschlagen und bauen.
Und ganz besondere Kunden haben ganz besondere Vorstellungen:
Es soll definitiv ein Carport sein. Mit ein paar schönen Ziegelwänden drum herum. Ohne die Holzpfosten, und mit einem festen Dach statt Wellblech. Und vielleicht noch eine Zugbrücke, wie an der Ritterburg aus der Kindheit. Die könnte man vielleicht aber auch noch durch ein Standardteil ersetzen. Im Baumarkt gibt's ja so schöne Haustüren, davon könnte man ja eine benutzen. Nein, ein Auto soll nicht in den Carport, nur die Musikanlage, Tresen und Opas Diskokugel.
"Einfach machen!"
Entwickler können so anstrengend sein. Was ist an "Ich brauche einen Carport für meine Diskokugel." nicht zu verstehen?
Wir bauen keine Garagen, sondern Hardware und Software für regulierte Branchen wie Medizintechnik, Luftfahrt und für die Industrie. Uns erschrecken Fachbegriffe nicht, wir brauchen sie, um uns mit unseren Kunden verständigen zu können. Nur so können wir genau die Produkte entwickeln, die unsere Kunden brauchen.
Redet mit uns über Euer Projekt. Bringt Euer Bild Eures Projekts auf Papier. Als Worte, als Skizze, als detaillierten Plan, ganz wie Ihr möchtet. Benutzt die branchenüblichen Fachbegriffe, damit wir nicht aneinander vorbeireden. Wenn Euer Projekt neue Begriffe braucht, schreibt eine kurze Liste mit klaren Definitionen für die Begriffe.
Aber bitte nennt Euren Partyraum nicht Carport. Das treibt meinen inneren Erbsenzähler in den Wahnsinn. Kunden können so anstrengend sein.